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Sonntag, 23. Juli 2017

Dark white swan



Black Swan


Bühnentänze im Film umzusetzen ist grundsätzlich problematisch. Von Fans dieser Kunstformen wird es daher geradezu verpönt, wenn Filme diese nicht adäquat umsetzen – nur gibt es hierzu keine Formel. Bewegungslos abgefilmte Bühnentänze, die deren Fans zufriedenstellen, sind wiederum tabu für (Spiel-)Filmemacher, sind sie doch nicht filmisch.

Black Swan wählte eine interessante Methode, das Ballett auf die Leinwand zu bringen: Mit schnellen aber flüssigen Bewegungen tanzt die Kamera wie eine Ballerina um die Tänzerinnen, verringert den Ausschnitt auf einzelne Körperteile im Tanz oder wählt das P.O.V. der Tänzerin. Teilweise gelingt es so auch, ein Schwindelgefühl zu suggerieren, als hätte sich nicht Nina, sondern man selbst mehrfach gedreht.

Damit wird selten der ganze tanzende Körper gezeigt und ebenfalls selten das Gesamtgeschehen auf der Bühne. Es ist schließlich ein personalisierter Film, der seine Protagonistin begleitet – der Kameramann ist kein Teil des Ballettpublikums, und wer Ballettfan ist, sollte eher ins Ballett gehen, als in einem Film dieselbe Erfahrung zu erhoffen.

Die Handlung ist grundsätzlich wie die Figurenanlage stereotyp. Um Klischees  zu umschiffen, setzt der Film auf ein Besetzungskonzept, in dem die Schauspieler unauffällige Facetten der Figuren verkörpern. So wird auch der notwendige Wandel der Protagonistin kaum vollzogen, kann aber entsprechend nachvollziehbar gestaltet wirken.

Im letzten Drittel werden die provozierten Affekte noch stärker eingesetzt und Nina bekommt immer stärker Halluzinationen. Der ungewöhnliche Film einer dramaturgisch halboffenen Form versucht hier sehr offenkundig, das Publikum anzuregen, sich Gedanken zu machen, welches Vorkommnis sich tatsächlich ereignet und welches Ninas Phantasie entspringt. Damit drohen die Ereignisse (der Psychothriller bedient sich dabei Elementen des Horrors) jedoch auch an Relevanz zu verlieren, wenn doch ohnehin erst aufgelöst werden muss, ob es tatsächlich in der Diegese stattgefunden hat, oder doch nur Einbildung war.

Der zunehmend affektorientiert werdende Psychothriller stellt das Ballett, was fein und grazil aussehen soll, als wahre Knochenarbeit dar. An der Erarbeitung des Stücks begleitet er die junge Nina bei ihrer Entwicklung von einem Mädchen zur jungen Frau – eine Entwicklung, bei der Sexualität eine Rolle spielt, wie auch das Verhältnis zur beschützenden bis kontrollsüchtigen Mutter. Der dabei einbezogene schwarze Schwan, der Nina, dem weißen Schwan, szenenweise zur Seite gestellt wird, erhält dabei nur eine nebensächliche Rolle.


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JAH

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